Meinung: Von Wein, Geruch und dummen Sprüchen

Mal Hand hoch: Wer weiß auf Anhieb wie Macis schmeckt oder riecht? Und nun die Hand aufs Herz: Wer weiß überhaupt, was das ist?

Macis ist der „Samenmantel der Frucht des Muskatbaums“, schreibt Wikipedia. Man würzt damit so dies und das, kaufen kann man das Gewürz in den wenigsten Läden. Man findet es eher in Spezialgeschäften wie dem Bremer Gewürzhandel oder dem Alten Gewürzamt. Probiert habe ich es noch nie und das ist unpraktisch, wenn ich in der Beschreibung eines Weins lese, er schmecke danach.

Wo geht’s lang, in der Welt des Weins? Der Genuss-Insider weiß das auch nicht immer. Hat aber meist eine Meinung dazu.

Mein Beruf bringt es mit sich, dass ich immer wieder in Verkostungsrunden sitze. Immer wieder erlebe ich, dass diese zum Wettschnüffeln ausarten. Wer riecht die exotischste Obstsorte, wer das abgefahrenste Gemüse? Von so Spielchen wie dem Erkennen flüchtiger Säure mal ganz abgesehen…nimmt man das alles nicht so ernst, ist das ganz lustig. Aber viele Sommeliers oder Journalistenkollegen fehlt die Distanz zur eigenen Nase.

Nicht falsch verstehen: Als Profi ist es wichtig, Wein genau zu verstehen und beschreiben zu können. Aber für wen tue ich das? Wenn ich meine, Noten von Macis in den Syrah eines bestimmten Winzers zu erkennen und ihn dadurch identifizieren kann – wunderbar! Aber das dem Gast im Restaurant zu erzählen oder jemandem zum Lesen zu geben, der Orientierung in der unübersichtlichen Welt des Weins sucht, das ist unverschämt.

Ein Sommelier, den ich sehr mag, Thomas Hertlein, hat einmal ein schönes, kleines Buch über Wein geschrieben. Er sagt, dass wir in der Lage sein müssen, uns so über Wein zu unterhalten, dass jeder mitkommt. Herrschaftsvokabeln nennt er die Weinsprache, hinter der sich zu viele Profis verstecken. „…von A wie Auslese bis Z wie zweite Gärung. Sie beschrieben, wie der Wein gemacht wird und was der Winzer alles Tolles mit den Trauben anstellt, aber was der Wein im besten Fall mit einem selbst oder mit dem Essen macht, wie man ihn trinken sollte, wie man einen Wein besser macht, wenn man ihn richtig behandelt, das verrieten sie nicht“, schreibt er über andere Sommeliers.

Bestellten Gäste in seinem früheren Lokal, der Münchner „Blauen Donau“ einen Wein, fielen Begriffe wie fruchtig, beerig oder erdig. Thomas Hertlein konnte damit nicht viel anfangen. Immer wieder servierte er dann einen Wein, der seiner Meinung nach komplett anders war. Das Ergebnis? „Der ist toll, genau den wollte ich“, war meist die Antwort.

Was heißt das nun beim Schreiben über Wein oder bei der Arbeit im Restaurant? Dass es kompliziert ist…und wenn schon recht einfache Begriffe wie fruchtig, beerig oder erdig so schwierig aufzulösen sind, sollten Dinge wie Macis dort bleiben, wo sie hingehören: Im Gewürzregal.